Sehr geehrter Herr Ratsvorsitzender,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
liebe Kolleginnen und Kollegen,
liebe Zuschauerinnen und Zuschauer,
wir
haben heute hier über den Haushalt der Stadt Delmenhorst zu
beschließen. Auch dieser Haushaltsentwurf steht wieder einmal - wie auch
schon in den Vorjahren - unter dem Zeichen des unbedingten Sparens. Und
dementsprechend geht es auch in diesem Jahr weniger um das Verteilen
von Wohltaten, sondern vielmehr darum, den anhaltenden Mangel zu
verwalten.
Leider
befinden wir uns in Delmenhorst als kreisfreier Stadt am unteren Ende
der Nahrungskette der finanziellen Ströme in unserem Land. Man könnte
fast meinen, dass in Deutschland zwar alle politischen Ebenen finanziell
auf Rosen gebettet sind, allerdings die Blätter nach Berlin und
Hannover geliefert worden sind und wir uns hier in der Kommune mit den
stacheligen Stielen begnügen müssen.
Wenn
sich Herr Schäuble in Berlin über seine schwarze Null im Haushalt
freut, so bleibt uns angesichts der Lage der allermeisten Kommunen und
der Situation in Delmenhorst manchmal nur das blanke Entsetzen über so
viel Kurzsichtigkeit. Spötter behaupten gar, Herr Schäuble selbst wäre
die schwarze Null. Und ich möchte hinzufügen, wer seinen Haushalt auf
Kosten der Kommunen saniert, der baut auf tönernen Füßen. Diese Politik
muss im Fiasko enden - und das wird sie!
Wir
begrüßen es sehr, dass wir in diesem Jahr das erste Mal seit Jahren
einen - halbwegs - ehrlichen Haushaltsentwurf vorgelegt bekommen haben.
Dieser zeigte auf, was wir seit Jahren angemahnt und aufgezeigt hatten:
Nämlich dass die ausgeglichenen Haushalte in den Vorjahren nur durch
Taschenspielertricks erreicht werden konnten. Diese mögen zwar auf dem
Papier genügt haben, nur leider ist die finanzielle Situation der Stadt
hierdurch nicht verbessert worden.
Zu
einem ehrlichen Haushaltsentwurf gehört aber auch immer ein Abschluss
der Vorjahre. Hier liegen uns leider nach wie vor keine Zahlen vor, so
dass wir bei der Bewertung der Haushaltsansätze immer im Ungefähren, ja,
im Trüben fischen müssen. Wir PIRATEN erwarten, das nun zeitnah die
fehlenden Jahresabschlüsse vorgelegt werden, damit wir bei den nächsten
Haushaltsberatungen endlich einmal substanziell an die Ansätze
herangehen können.
Unsere Fraktion hat sich von Anfang an darauf geeinigt, diese Haushaltsberatungen mit einer dreiteiligen Strategie zu begleiten:
Erstens: Erhöhung der Einnahmen
Wir
haben die Verbesserung der Einnahmesituation mitgetragen: Wir wollten
Sparpotenziale identifizieren und dort Effekte realisieren und müssen
die Situation der Verlustbringer der Stadt verbessern. Dies sind
Projekte, die uns die nächsten Jahre begleiten und belasten werden. Wir
dürfen hier jetzt nicht nachlassen! Sicherlich ist es für die
städtischen Einrichtungen nicht schön, wenn wir immer wieder auf die
Verbesserungen der Einnahmesituation pochen. Natürlich würden wir uns
auch wünschen, es wäre genügend Geld da, damit z.B. das Defizit der
Grafttherme mit einem Lächeln abgetan werden könnte. Leider ist die
Realität eine andere. Dem müssen wir uns stellen und hier offensiv
Fragen stellen, die leider allzu oft unangenehm sind und daher
unterlassen werden. Eine dieser Fragen ist, ob wir uns tatsächlich alle
Angebote in der derzeitigen Form noch leisten können?! Ich kann die
Eltern der Schüler auf der Musikschule verstehen, die uns jetzt Briefe
schreiben, damit der Kostendeckungsgrad unverändert bleiben kann. Aber -
und auch das ist ein Teil der Wahrheit - so unangenehm die Erhöhung der
kommunalen Steuern und Abgaben war, so unangenehm wird auch das
Sparen.
Zweitens: Struktur schaffen
So
sind wir jetzt am Ende der diesjährigen Haushaltsberatungen angekommen,
wer aber denkt, wir könnten uns nun zurücklehnen und seufzen: "Puha,
das haben wir mal wieder geschafft!" - der liegt leider falsch. Wir
müssen jetzt an der Struktur arbeiten! Wir müssen weitere Potentiale für
Einsparungen identifizieren, die Organisation straffen und klare
Schwerpunkte für die zukünftigen Jahre legen! Hier sind die ersten
Schritte getan, aber wir erwarten auch relativ schnell Ergebnisse. Und
auch das muss klar gesagt werden: Es müssen Widerstände gebrochen sowie
die Beharrungskräfte der Verwaltung überwunden werden. Umso wichtiger
ist es für uns, auch eine externe Sichtweise auf die Organisation und
die Abläufe innerhalb der Verwaltung zu bekommen, die
Verbesserungspotenziale nach und nach zu erkennen und die sich daraus
ergebenen Maßnahmen einzuleiten. Ein erstes Ziel muss der Abbau von
Doppelstrukturen in der Verwaltung sein. Es ließen sich unmittelbare
Ergebnisse erzielen, die sofort haushaltsrelevant würden.
Drittens: Gemeinsame Zielsetzung
Schwerpunkte
setzen heißt auch, dass wir uns als Verwaltung und Politik endlich
einmal an den Tisch setzen und definieren müssen, wo wir denn in Zukunft
die gemeinsamen Schwerpunkte der Haushaltspolitik und der
Stadtentwicklung setzen wollen. Allzu oft reagieren wir als Rat nur,
statt zu agieren. Gerade in Zeiten knapper Kassen ist die gemeinsame
Schwerpunktbildung wichtiger denn je. Wir PIRATEN sind zu solchen
Gesprächen immer bereit und gehen ohne Vorbedingungen und pragmatisch an
die Aufgaben heran.
Zur
ehrlichen Haushaltspolitik und zu klaren Zielsetzungen gehört es aber
gerade auch, nachvollziehbare Entscheidungen zu treffen und eine gewisse
Stringenz zu wahren. Wir haben uns hier im Rat im letzten Jahr
entschieden, die kommunalen Abgaben zu erhöhen, um einen
genehmigungsfähigen Haushalt erreichen zu können. Dies hat uns viel
Kritik aus der Bevölkerung eingebracht. Man sollte nun bedenken, dass
diese Kritik ausgereicht hat, um auch in der Politik ein gewisses Gefühl
für die Finanzen zu entwickeln. Bei den Entscheidungen, die geradezu in
letzter Minute in der vergangenen Woche im Verwaltungsausschuss
getroffen worden, vermissen wir aber gerade das. Weder können wir die
unbefristete Einstellung eines Klimamanagers nachvollziehen, noch andere
noch kurzfristig in den Haushalt aufgenommene Posten. Dass zu guter
Letzt dann auch noch das Angebot der Verwaltung, eine Stelle im
Bürgerservicebüro einzusparen, dankend abgelehnt wurde, vervollständigt
das Gesamtbild.
Bis
zur letzten Woche hätten wir dem heute vorgelegten Haushaltsentwurf
noch zustimmen können, jetzt stellt sich das allerdings anders dar. So
gerne wir unserem neuen Oberbürgermeister einen guten Start mit einem
guten Haushalt ermöglicht hätten: Unter diesen Voraussetzungen können
wir ihn nicht mittragen!
Die Fraktion der PIRATENPARTEI wird dem heute vorliegenden Haushalt auch in diesem Jahr leider nicht zustimmen können.
Vielen Dank.