Ein Politiker in Delmenhorst

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Mittwoch, 26. Mai 2010

Ein Weg aus der Schuldenfalle?

Erst einmal die Fakten
Laut dem Bund der Steuerzahler beträgt die Schuldenlast der niedersächsischen Kommunen Ende 2006 über 18 Mrd. Euro. Dem gegenüber stehen Steuereinnahmen von 5,58 Mrd. Euro in 2006.  Das bedeutet zum einen, das wir fast viermal soviel Schulden wie Einnahmen haben. Zum anderen müssen bei einer angenommenen Verzinsung dieser Schulden mit 3,5% nominal im Jahr 810 Mio Euro alleine an Schuldendienst aufgebracht werden, das entspricht ca. 15% der Einnahmen. Wenn die Zinsen auf 5,5% steigen, sind schon über 21% des Haushaltes alleine für die Zinsen und eine 1%-Tilgung aufzubringen. Und, das sind Zahlen von 2006 ( Quellen: http://bit.ly/9j3RMb ). Da die meisten Kredite über 10 Jahre als Kommunalobligationen ausgegeben worden sind, müsste eigentlich mit einer 9,91% Tilgung gerechnet werden, was den Anteil am Haushalt auf 41-44% steigen lassen würde.

Dazu kommen die sogenannten Kassenkredite, die zur Zwischenfinanzierung der laufenden Ausgaben dienen und nicht im Haushalt aufgeführt werden. Diese dürfen lt. NGO nur ca. 18% der Einnahmen betragen, liegen aber tatsächlich wesentlich höher. Hier ist mit höheren Zinsen zu rechnen und viele Kommunen scheinen inzwischen nur noch von diesen Kassenkrediten zu leben. ( http://www.fw-niedersachsen.de/node/159 ).

Diese Kredite kommen also noch zu der eigentlichen Verschuldung hinzu.

Bei wem haben die Kommunen die Schulden
Die größten Gläubiger des Staates sind natürlich die nationalen und internationalen Banken. Diese bauen die Schuldverschreibungen in ihre Finanzprodukte ein und verdienen einmal durch den Ausgabeaufschlag von bis zu 5% und dem Zinsdifferential. Letztendlich bezahlen wir also mindestens jeden fünften Euro, den wir an Steuern zahlen direkt an die Großbanken und die Anleger.

Wege aus der Falle
Normalerweise hat ein Staat mehrere Optionen aus der Schuldenfalle zu entkommen:
  •  Durchführung einer Währungsreform bei gleichzeitiger starker Abwertung der Schulden. Das ist z.b. der Weg, den Deutschland in den 20er Jahren mit der Einführung der Rentenmark genommen hat. Das funktioniert aber nur dann, wenn zumindest ein Rest an Vertrauen in die weitere Entwicklung der Volkswirtschaft gegeben ist.
  • Akzeptanz einer starken Inflation, die automatisch die Schulden "auffrisst". Das ist der südeuropäische Weg, den Italien, Griechenland und Spanien jahrzehntelang gegangen sind. Auch die USA drucken gerne frisches Geld um so die Schulden zu bedienen.

Diese Wege sind den nationalen Regierungen durch die Einführung des Euro genommen und waren aufgrund der Unabhängigkeit der Bundesbank auch vorher für Deutschland keine Option. Eine Kommune in Niedersachsen hat diese Optionen so oder so nicht.

Was bleibt also an Möglichkeiten?
Zum einen ist wohl inzwischen allen klar, das der derzeitige Weg nur noch eine begrenzte Zeit durchführbar ist, wir werden in den nächsten 20 Jahren an den Punkt kommen, wo der komplette Haushalt zu Deckung der Personal- und Pensionskosten sowie der Schuldentilgung dient. Manche früher, manche später aber ganz sicher alle. Zum anderen muss eine Kommune auch gewissen Verpflichtungen nachkommen, weil das ja der eigentliche Deal ist, der Bürger zahlt Steuern und der Staat bietet im Gegenzug Infrastruktur und Dienstleistungen an. Im Prinzip den Steuern die Rechtfertigung entzogen, wenn z.b. keine Schulen mehr angeboten werden können, weil kein Geld mehr zur Verfügung steht.
Es muss also darum gehen, die Handlungsfähigkeit der Kommunen wieder herzustellen. Das kann meines Erachtens nur durch einen konsequenten Schnitt auch Gläubigerseite geschehen. Es ist in Verhandlungen über die Abfindung der Gläubiger einzusteigen. Dieses könnte z.b. in einem 5% sofort Abschlag auf die ausstehende Summe und anschließend 10 Jahre eine zinsfreie 0,5% Tilgung.auf die Schuldverschreibungen. Dieses würde im ersten Jahr eine Belastung von ca. 17% des Haushaltes und in den folgenden Jahren eine Belastung von unter 2% bedeuten. Diese so gewonnenen finanziellen Mittel könnten und müssten zu einem sofortigen Ausgleich des Haushaltes führen. Eine weitere Schuldenaufnahme ist aus naheliegenden Gründen gar nicht möglich und müsste durch die NGO und die Kommunalaufsicht auch unterbunden werden.

Was hätte das für Auswirkungen auf die Wirtschaft?
Ehrlich gesagt, keine Ahnung. Ich könnte mir einerseits vorstellen, das durch die wiedergewonnene Handlungsfähigkeit der Kommunen gerade auch das Handwerk und der Mittelstand davon profitieren würde. Natürlich würden die Banken und Anleger laut aufschreien, aber für mich gehört das Risiko des Ausfalles einer Anleihe zum Geschäft nun mal dazu. Sichere Geldanlagen gibt es nicht, die Zinsen sind ja auch immer der Ausgleich für das Risiko.

2 Kommentare:

  1. Ich stimme dir in der Sache völlig zu, allerdings unterliegst du einem verbreiteten Irrglauben: "Ddie Zinsen sind ja auch immer der Ausgleich für das Risiko." Dem ist ausdrücklich nicht so. Die Zinsen sind ausschließlich eine Belohnung für den Konsumverzicht. Ich könnte das Geld ja heute ausgeben, statt es anzulegen. Risikoaufschläge sind erst bei hohen Zinsen einkalkuliert, das sind aber die Zinsen, die du dann für deinen Dispo an die Bank zahlst und um Größenordnungen höher sind als diejenigen, die eine Kommune zahlt.

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  2. Hm. Interessante Ansicht die Schulden weg zu bekommen. Ich glaube nur, dass es garantiert irgendwo eine Regelung gibt, die die Insolvenzanmeldung einer Kommune verbietet. Wahrscheinlich muss dass eher von ganz oben erlaubt werden, was aber nicht passieren wird.

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