Ein Politiker in Delmenhorst

Ansichten, Vorschläge, Meinungen und alles andere was einem Politiker in Delmenhorst einfällt.

Dienstag, 20. November 2018

Rede zu den Meldeportalen

Zur Dokumentation hier heute meine Rede im Rat der Stadt Delmenhorst zu den Melde-portalen der AfD.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte mich heute hier an die Lehrer, Schüler, Eltern, Sozial- und Sonderpädagogen in den Schulen und alle anderen wenden, die hier in Delmenhorst in der Bildung und Erziehung tätig sind.

Wir leben in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Umbrüche, die wir alle erleben, von einigen mit den Rezepten von Gestern bekämpft werden sollen. Eines dieser Rezepte ist das Denunziantentum, dass ja gerade in Deutschland eine große Tradition hat. Schüler und Eltern sollen also auf Meldeportalen der sogenannten “Alternative für Deutschland” melden, wenn ein Lehrer sich gegen Rechtspopulismus und Faschismus ausspricht. Diese Meldungen will die Alternative sammeln um dann, ja was eigentlich?, etwas damit zu machen.

Liebe Lehrer, liebe Schüler, liebe Eltern: Die Erziehung ist einer der wesentlichen Punkte, die unsere Gesellschaft individualkompatibel macht. Der Auftrag ist groß und er ist wichtig. Erziehung heißt auch immer Haltung zu vermitteln. Und hier geht es nicht um Links oder Rechts, Liberal, Progressiv oder Konservativ. Hier geht es häufig einfach um Richtig oder Falsch. Hier geht es nicht um Meinungen oder Standpunkte, denn Faschismus, Rassismus, Antisemitismus oder auch Antiislamismus sind keine Meinungen - das sind Verbrechen, sie grenzen Menschen aus, beschädigen Seelen und senken Hemmschwellen.

Wer dem entgegentritt, der beschädigt nicht die Neutralität der Schulen, der stellt dar, was gut und richtig ist und was gerade nicht. Kinder und Jugendliche brauchen diesen Kompass. Wir sind alle gleich geboren. Keiner hat sich seine Hautfarbe, seine Herkunft und auch die allerwenigsten haben sich ihre Religion ausgesucht. Erziehen wir unsere Kinder in diesem Sinne und frei von Ängsten vor der Denunzierung durch andere.

Ich fordere die Vertreter der sogenannten Alternative auf, ihre Blockwartportale abzuschalten, den nutzen tun sie ihnen, dank beherzter Netzaktivisten, denen hier Dank gebührt, ja sowieso nicht.

Vielen Dank

Sonntag, 4. November 2018

Einkommen neu denken

Eines der größten Probleme der aktuellen Regierung und auch gerade der SPD ist, dass sie keinerlei Rezepte für die Zukunft unseres Landes haben. Seit mehreren Jahren wird nur der Status Quo fortgeschrieben, aber keine Visionen für die nächsten 20-30 Jahre entwickelt. Und der Teaser dieses Beitrags macht dieses sehr schön deutlich. Ein wenig ist Herrn Klingbeil klar, dass die zunehmende Digitalisierung Verlustängste in der Bevölkerung hervorruft. Und diese Ängste probiert er jetzt mit den Rezepten von Gestern zu mindern.

Aber nähern wir uns doch dem Problem. Laut einiger Studien werden in nächsten Jahren bis zu 3,5 Mio. Arbeitsplätze durch die Einführung neuer, digitaler System entfallen. Es gibt zwar auch Auswertungen, nach denen durchaus auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden, allerdings ist zu bezweifeln, dass diese 1:1 ersetzt werden können. Es ist hier eher davon auszugehen, dass Stellen mit geringeren Anforderungen an die Qualifikation des Arbeitnehmers durch solche mit einer Höheren ersetzt werden. Ähnlich wie bei den industriellen Revolutionen der Vergangenheit fallen so wieder diejenigen hinten herab, die am wenigsten qualifiziert sind. Die Frage ist jetzt natürlich, wie lässt sich vermeiden, dass hier eine weitere Bevölkerungsgruppe ins soziale Abseits rutscht. Zum einen natürlich mit den Mitteln, die schon in der Vergangenheit eingesetzt wurden: Fortbildung durch den Staat. Und da das in der Vergangenheit schon nicht gut funktioniert hat, machen wir das gleich nochmal. Es ist aber schon zu bezweifeln, dass ein Staplerfahrer, dessen Job durch ein autonomes System ersetzt wurde, grundsätzlich mit einer hohen Erfolgsrate zu einem Servicetechniker für ebendieses System umgeschult werden kann und will. Ich wage das hier einfach mal zu bezweifeln.

Die grundsätzliche Frage ist ja, warum rüsten Unternehmen auf solche Systeme um? Hier wirken ja ganz klar die ungeregelten Gesetze des Kapitalismus. Sie wollen produktiver werden und Arbeitskosten einsparen. Mit Glück fangen die Firmen ihr Wachstum durch solche Schritte ab und es werden keine Stellen gestrichen, aber genauso häufig werden am Ende des Prozesses weniger Personalkosten zu Buche stehen. Es werden also die Gewinne privatisiert und die Kosten sozialisiert. Und genau hier muss doch der Ansatz sein. Die Profite aus diesen Maßnahmen müssen doch zumindest teilweise der Allgemeinheit zukommen, trägt sie doch auch die Kosten zum Teil mit. Die Abschreibung sei hier nur einmal als Stichwort genannt. Ein Vorschlag wäre hier, das auf Roboter Sozialabgaben zu zahlen sind, bis zur Höhe der eingesparten Abgaben. Oder auch eine Produktivitätsabgabe muss man doch zumindest einmal denken können. Kurz: Die Gesellschaft muss am Wachstum teilhaben dürfen.

Und das führt uns jetzt zur Frage der Arbeitsplätze. Warum arbeiten Menschen? Zum Teil sicherlich, weil sie es wollen und in ihrem Job aufgehen. Aber am Ende arbeiten die Meisten doch, damit sie leben können. Damit sie ihre Miete und ihr tägliches Auskommen bestreiten können und sich einen gewissen Status erlauben können. Muss es dann das Ziel der Politik sein, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen? Oder kann es nicht auch sein, dass man einfach versucht, möglichst allen Menschen in Deutschland ein gewisses Auskommen zu ermöglichen. Der Leser merkt, es läuft auf das so genannte BGE (bedingungsloses Grundeinkommen) hinaus. Nun, nicht ganz. 

Das BGE ist in meinen Augen ein Hirngespinst, dass sich in dieser Definition nicht erreichen lässt. Warum? Die Antwort steckt im Begriff "Bedingungslos". 

be·din·gungs·los/bedíngungslos/Adjektiv1.
ohne jede Bedingung geschehend, an keinerlei Bedingungen geknüpft
"die bedingungslose Kapitulation fordern"
2.
uneingeschränkt, absolut, unbedingt
"bedingungslose Hingabe, Treue"

Und das kann und wird nicht funktionieren. Es ist einfach nicht möglich, jeder Person die sich zu einem Zeitpunkt in Deutschland aufhält, dieses BGE zu kommen zu lassen. Man denke nur einmal an den Flughafen Frankfurt. Das BGE würde jedem Fluggast zustehen, der sich - und sei es zum Transit - dort aufhält. Am besten würden wir dort Automaten zur einfacheren Auszahlung aufstellen. Und wer jetzt mit "so ist das aber nicht gemeint" ankommt, dem sei die obige Definition noch einmal ans Herz gelegt.

Aber eine Form von Grundeinkommen ohne Sanktionen - und das ist es ja, worauf diese Forderung in Wahrheit hinausläuft, eine solche Form der Teilhabe der Gesellschaft an den Gewinnen der Wirtschaft durch Abbau von Arbeit, eine solche Form mit der Bezeichnung "SGE" - sanktionsfreies Grundeinkommen, diese wird kommen müssen. 

Und hier schließt sich der Kreis. Anstatt den Menschen zu kommunizieren, dass alles so bleibt wie es ist, Herr Klingbeil, wäre es doch besser zu sagen:

Wir wissen, dass da schwierige Aufgaben auf uns zu kommen, aber wir arbeiten daran und das sind unsere Vorschläge. 

Das wäre ehrliche, zukunftsgerichtete Politik. Die Menschen warten darauf.

PS: Und übrigens, mit KI (künstlicher Intelligenz) hat die momentane Digitalisierung noch recht wenig zu tun. Das kommt erst noch auf uns zu.