Ein Politiker in Delmenhorst

Ansichten, Vorschläge, Meinungen und alles andere was einem Politiker in Delmenhorst einfällt.

Montag, 17. Dezember 2018

Was bekommen die Wähler in Delmenhorst eigentlich für ihre Stimme?

Nach zwei Jahren in dieser Legislaturperiode bietet es sich an, einmal zu schauen, wie sich die Akteure denn so im politischen Alltag schlagen. Hier wollen wir heute einmal betrachten, wie sich die politische Arbeit in Anträgen und Anfragen niederschlägt. Weil, wenn man etwas bewegen und verändern will, dann geht das über die Instrumente der parlamentarischen Arbeit, die Anträge und Anfragen, und eben nicht nur über die pure Anwesenheit. In den gestellten Anträgen und Anfragen zeigt sich, ob eine Fraktion oder Gruppe Anregungen und Gedanken aufnimmt oder eben nicht.

Ich habe hierfür bereits für die vergangene Legislaturperiode 2011 - 2016 eine Statistik über die Performance der einzelnen Fraktion geführt, deren Ergebnisse ich hier erstmals veröffentlichen möchte:



FraktionAnzahl AnträgeAnzahl MitgliederAnträge pro MitgliedAnteil am GesamtaufkommenAnteil am RatPerformance

SPD
117
15819,40%35,71%-14,47%
CDU491058,13%23,81%-13,84%
Grüne7741912,77%9,52%5,09%
Piraten502258,29%4,76%5,37%
FDP6741711,11%9,52%3,43%
UAD603209,95%7,14%4,65%
Linke8924514,76%4,76%11,84%
Sassen9419415,59%2,38%15,05%
Suhrkamp121121,99%2,38%1,45%
Gesamt6034214100,00%100,00%

Wie man erkennen kann, gab es in der Zeit insgesamt 603 politische Anträge mit der o.a. Aufteilung auf die Fraktionen. Die Performance zeigt die relative Anzahl der Anträge auf die Fraktionsgröße an.

Man kann anhand der Grafiken erkennen, dass in der letzten Legislaturperiode die beiden "großen" Fraktionen in der Performance deutlich unter den "kleinen" Fraktionen geblieben sind, wobei die SPD-Fraktion immerhin noch die meisten Anträge von allen im Rat vertretenen Gruppierungen gestellt hat. Im Schnitt hat jedes Ratsmitglied in den 5 Jahren der vergangenen Legislaturperiode 14 Anträge gestellt, d.h. ca. 3 pro Jahr. Hinzufügen möchte ich, dass die Anträge nach §34 NKomVG in der Statistik für die Jahre 2011-2016 nicht enthalten sind. 

Und hier nun die Zahlen für die Jahre 2016-2018. Stichtag ist hier der 01.11.2016, Anträge bis zum 15.11.2018 sind hier berücksichtigt.




FraktionAnzahl AnträgeAnzahl MitgliederAnträge pro MitgliedAnteil am GesamtaufkommenAnteil am RatPerformance
§34143,61%
AfD28747,22%15,91%-7,98%
Büfo7132418,30%6,82%12,19%
CDU381049,79%22,73%-12,22%
FDP16354,12%6,82%-1,99%
Grüne5022512,89%4,55%9,05%
Linke7241,80%4,55%-2,03%
SPD & Partner145151037,37%34,09%3,99%
UAD11262,84%4,55%-1,00%
Interfraktionell82,06%
Gesamt388449100,00%100,00%


Wie man schnell erkennen kann, ist die Gesamtperformance deutlich gestiegen. Der Output an Anträgen und Anfragen ist rechnerisch bei 161% gegenüber der letzten Periode. Auch die Anzahl der Anträge pro Ratsmitglied liegt inzwischen bei 4,5 pro Jahr, eine Steigerung um 50% gegenüber der Vorperiode. Geändert hat sich allerdings die Performance der einzelnen Gruppierungen. So hat das Bürgerforum (mit den Freien Wählern und dem parteilosen Axel Unger) mit 12,09% zwar nicht mehr ganz so viel relativen Output, liegt aber deutlich vor den Grünen und der Gruppe SPD & Partner. Allerdings sind das auch die einzigen Fraktionen mit einer positiven Performance. Alle anderen Fraktionen haben eine deutlich schlechtere Bewertung und liegen in der Kategorie "Anträge pro Mitglied" noch unter dem Schnitt von 2011 - 2016.

Eine weitere Bewertung dieser Zahlen überlasse ich dem geneigten Leser, da ich ansonsten in einen Konflikt mit meiner Tätigkeit als Ratsmitglied kommen würde.

Dienstag, 20. November 2018

Rede zu den Meldeportalen

Zur Dokumentation hier heute meine Rede im Rat der Stadt Delmenhorst zu den Melde-portalen der AfD.

Sehr geehrte Frau Vorsitzende, Herr Oberbürgermeister, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich möchte mich heute hier an die Lehrer, Schüler, Eltern, Sozial- und Sonderpädagogen in den Schulen und alle anderen wenden, die hier in Delmenhorst in der Bildung und Erziehung tätig sind.

Wir leben in einer Zeit, in der die gesellschaftlichen Umbrüche, die wir alle erleben, von einigen mit den Rezepten von Gestern bekämpft werden sollen. Eines dieser Rezepte ist das Denunziantentum, dass ja gerade in Deutschland eine große Tradition hat. Schüler und Eltern sollen also auf Meldeportalen der sogenannten “Alternative für Deutschland” melden, wenn ein Lehrer sich gegen Rechtspopulismus und Faschismus ausspricht. Diese Meldungen will die Alternative sammeln um dann, ja was eigentlich?, etwas damit zu machen.

Liebe Lehrer, liebe Schüler, liebe Eltern: Die Erziehung ist einer der wesentlichen Punkte, die unsere Gesellschaft individualkompatibel macht. Der Auftrag ist groß und er ist wichtig. Erziehung heißt auch immer Haltung zu vermitteln. Und hier geht es nicht um Links oder Rechts, Liberal, Progressiv oder Konservativ. Hier geht es häufig einfach um Richtig oder Falsch. Hier geht es nicht um Meinungen oder Standpunkte, denn Faschismus, Rassismus, Antisemitismus oder auch Antiislamismus sind keine Meinungen - das sind Verbrechen, sie grenzen Menschen aus, beschädigen Seelen und senken Hemmschwellen.

Wer dem entgegentritt, der beschädigt nicht die Neutralität der Schulen, der stellt dar, was gut und richtig ist und was gerade nicht. Kinder und Jugendliche brauchen diesen Kompass. Wir sind alle gleich geboren. Keiner hat sich seine Hautfarbe, seine Herkunft und auch die allerwenigsten haben sich ihre Religion ausgesucht. Erziehen wir unsere Kinder in diesem Sinne und frei von Ängsten vor der Denunzierung durch andere.

Ich fordere die Vertreter der sogenannten Alternative auf, ihre Blockwartportale abzuschalten, den nutzen tun sie ihnen, dank beherzter Netzaktivisten, denen hier Dank gebührt, ja sowieso nicht.

Vielen Dank

Sonntag, 4. November 2018

Einkommen neu denken

Eines der größten Probleme der aktuellen Regierung und auch gerade der SPD ist, dass sie keinerlei Rezepte für die Zukunft unseres Landes haben. Seit mehreren Jahren wird nur der Status Quo fortgeschrieben, aber keine Visionen für die nächsten 20-30 Jahre entwickelt. Und der Teaser dieses Beitrags macht dieses sehr schön deutlich. Ein wenig ist Herrn Klingbeil klar, dass die zunehmende Digitalisierung Verlustängste in der Bevölkerung hervorruft. Und diese Ängste probiert er jetzt mit den Rezepten von Gestern zu mindern.

Aber nähern wir uns doch dem Problem. Laut einiger Studien werden in nächsten Jahren bis zu 3,5 Mio. Arbeitsplätze durch die Einführung neuer, digitaler System entfallen. Es gibt zwar auch Auswertungen, nach denen durchaus auch neue Arbeitsplätze geschaffen werden, allerdings ist zu bezweifeln, dass diese 1:1 ersetzt werden können. Es ist hier eher davon auszugehen, dass Stellen mit geringeren Anforderungen an die Qualifikation des Arbeitnehmers durch solche mit einer Höheren ersetzt werden. Ähnlich wie bei den industriellen Revolutionen der Vergangenheit fallen so wieder diejenigen hinten herab, die am wenigsten qualifiziert sind. Die Frage ist jetzt natürlich, wie lässt sich vermeiden, dass hier eine weitere Bevölkerungsgruppe ins soziale Abseits rutscht. Zum einen natürlich mit den Mitteln, die schon in der Vergangenheit eingesetzt wurden: Fortbildung durch den Staat. Und da das in der Vergangenheit schon nicht gut funktioniert hat, machen wir das gleich nochmal. Es ist aber schon zu bezweifeln, dass ein Staplerfahrer, dessen Job durch ein autonomes System ersetzt wurde, grundsätzlich mit einer hohen Erfolgsrate zu einem Servicetechniker für ebendieses System umgeschult werden kann und will. Ich wage das hier einfach mal zu bezweifeln.

Die grundsätzliche Frage ist ja, warum rüsten Unternehmen auf solche Systeme um? Hier wirken ja ganz klar die ungeregelten Gesetze des Kapitalismus. Sie wollen produktiver werden und Arbeitskosten einsparen. Mit Glück fangen die Firmen ihr Wachstum durch solche Schritte ab und es werden keine Stellen gestrichen, aber genauso häufig werden am Ende des Prozesses weniger Personalkosten zu Buche stehen. Es werden also die Gewinne privatisiert und die Kosten sozialisiert. Und genau hier muss doch der Ansatz sein. Die Profite aus diesen Maßnahmen müssen doch zumindest teilweise der Allgemeinheit zukommen, trägt sie doch auch die Kosten zum Teil mit. Die Abschreibung sei hier nur einmal als Stichwort genannt. Ein Vorschlag wäre hier, das auf Roboter Sozialabgaben zu zahlen sind, bis zur Höhe der eingesparten Abgaben. Oder auch eine Produktivitätsabgabe muss man doch zumindest einmal denken können. Kurz: Die Gesellschaft muss am Wachstum teilhaben dürfen.

Und das führt uns jetzt zur Frage der Arbeitsplätze. Warum arbeiten Menschen? Zum Teil sicherlich, weil sie es wollen und in ihrem Job aufgehen. Aber am Ende arbeiten die Meisten doch, damit sie leben können. Damit sie ihre Miete und ihr tägliches Auskommen bestreiten können und sich einen gewissen Status erlauben können. Muss es dann das Ziel der Politik sein, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen? Oder kann es nicht auch sein, dass man einfach versucht, möglichst allen Menschen in Deutschland ein gewisses Auskommen zu ermöglichen. Der Leser merkt, es läuft auf das so genannte BGE (bedingungsloses Grundeinkommen) hinaus. Nun, nicht ganz. 

Das BGE ist in meinen Augen ein Hirngespinst, dass sich in dieser Definition nicht erreichen lässt. Warum? Die Antwort steckt im Begriff "Bedingungslos". 

be·din·gungs·los/bedíngungslos/Adjektiv1.
ohne jede Bedingung geschehend, an keinerlei Bedingungen geknüpft
"die bedingungslose Kapitulation fordern"
2.
uneingeschränkt, absolut, unbedingt
"bedingungslose Hingabe, Treue"

Und das kann und wird nicht funktionieren. Es ist einfach nicht möglich, jeder Person die sich zu einem Zeitpunkt in Deutschland aufhält, dieses BGE zu kommen zu lassen. Man denke nur einmal an den Flughafen Frankfurt. Das BGE würde jedem Fluggast zustehen, der sich - und sei es zum Transit - dort aufhält. Am besten würden wir dort Automaten zur einfacheren Auszahlung aufstellen. Und wer jetzt mit "so ist das aber nicht gemeint" ankommt, dem sei die obige Definition noch einmal ans Herz gelegt.

Aber eine Form von Grundeinkommen ohne Sanktionen - und das ist es ja, worauf diese Forderung in Wahrheit hinausläuft, eine solche Form der Teilhabe der Gesellschaft an den Gewinnen der Wirtschaft durch Abbau von Arbeit, eine solche Form mit der Bezeichnung "SGE" - sanktionsfreies Grundeinkommen, diese wird kommen müssen. 

Und hier schließt sich der Kreis. Anstatt den Menschen zu kommunizieren, dass alles so bleibt wie es ist, Herr Klingbeil, wäre es doch besser zu sagen:

Wir wissen, dass da schwierige Aufgaben auf uns zu kommen, aber wir arbeiten daran und das sind unsere Vorschläge. 

Das wäre ehrliche, zukunftsgerichtete Politik. Die Menschen warten darauf.

PS: Und übrigens, mit KI (künstlicher Intelligenz) hat die momentane Digitalisierung noch recht wenig zu tun. Das kommt erst noch auf uns zu.

Montag, 8. Oktober 2018

Beigeordneter Neugebauer - Wie aufwendig ist eigentlich Kommunalpolitik?

(c) http://www.sitepark.com/
Jeder, der mit dem Gedanken spielt, in die Kommunalpolitik einzusteigen, fragt sich sicher mit als Erstes, wie aufwendig sein Engagement eigentlich sein wird. Um dieser Frage ein wenig auf den Grund zu gehen, möchte ich hier einmal auflisten, welche Termine es überhaupt gibt, wie oft diese sind und wie lange diese im Einzelnen dauern. Hier geht es nicht darum, Mitleid zu erheischen oder sonst etwas in dieser Art, sondern um eine Handreichung für meine Nachfolgerinnen. Anzumerken bleibt, dass man das ganze ein Stück weit selber steuern kann, je nachdem wie viele Ausschüsse und Aufsichtsräte man besetzt bzw. besetzen kann.

Welche Aufgaben / Mandate habe ich in dieser Legislaturperiode:

  • Verwaltungsausschuss (VA)
    Der VA tagt während der Sitzungszeit (während der Schulferien ist normalerweise sitzungsfreie Zeit) ungefähr alle 14 Tage. In 2017 gab es 22 Sitzungen, in 2018 bisher (04.10.) 16 Termine. 
  • Planungsausschuss (A5P)
    Hier findet im Schnitt eine Sitzung pro Monat statt. 2017 waren es 13 Sitzungen, in 2018 bisher 9. Hinzu kommen noch die Vorbesprechungen für die jeweilige Sitzung, an der im Normalfall die Sprecher der einzelnen Fraktionen teilnehmen. Da ich an Vorbesprechungen aus grundsätzlichen, Transparenz bezogenen Überlegungen nicht teilnehme, fallen diese Termine für mich weg.
  • Wirtschaftsausschuss (A6)
    Hier finden die Sitzungen alle 6-8 Wochen statt, in 2017 kamen wir auf 9 Termine, in 2018 fanden bisher 6 Sitzungen statt.
  • Ausschuss für Gesundheit, Verbraucherschutz und Gefahrenabwehr (A3)
    Dieses ist ein "kleinerer" Ausschuss, mit ungefähr einer Sitzung pro Quartal. 2017 kommen wir so 4 Sitzungen und 2018 bisher auf 2.
  • Ratssitzungen 
    Der komplette Rat tagt normalerweise alle 8 Wochen. Hinzu kommen Sondersitzungen zu bestimmten Sachverhalten oder weil es um besonders eilige Themen geht. Im Jahr 2017 fanden so 13 Ratssitzungen statt, in 2018 bisher 11, drei weitere sind bereits terminiert.

  • Aufsichtsrat Delmenhorster Wirtschaftförderung (dwfg)
    Die Aufsichtsräte kommen eher unregelmäßig zusammen, es finden aber im Schnitt mindestens 4-5 Sitzungen pro Jahr statt.
  • Fraktionssitzungen
    Hinzu kommen die wöchentlichen Fraktionssitzungen der Gruppe SPD & Partner, im Jahr 2018 werden das 36 Termine sein.

(c) Stadt Delmenhorst. 

Zusammen kommen also für mich im Jahr ca. 100 Sitzungen heraus. Bei rechnerisch 12 Wochen Ferien im Jahr (3 Wochen Ostern, 6 Wochen Sommer, zwei Wochen Herbst und eine Woche Weihnachten) bleiben 40 Sitzungswochen über, d.h. im Schnitt hat jede Woche 2-3 feste Termine an vier Wochentagen (Freitag, Samstag und Sonntag sind im Normalfall sitzungsfrei).

Wie lange dauern die einzelnen Sitzungen?

Während Fraktionssitzungen selten unter zwei Stunden, sondern eher drei Stunden dauern, hängt die Dauer der einzelnen Ausschüsse immer von den behandelten Themen ab. Als Faustregel kann man sagen, dass ein VA oder ein A5P kaum unter zwei Stunden dauern, während der A6 und der A3 auch schon mal deutlich unter einer Stunde fertig sind. Eine Ratssitzung dauert immer mindestens 2-3 Stunden. 

Wie viel Zeit geht denn jetzt so drauf?

Der reine Sitzungsaufwand beträgt also pro Woche mindestens 4-6 Stunden oder 16-24 Stunden im Monat. Hinzu kommen die Zeiten für Vorbereitung der Vorlagen, die Erstellung eigener Anträge, Sondertermine wie z.B. Arbeitskreise, Runde Tische, Empfänge und Einladungen zu Veranstaltungen, so dass der Aufwand pro Woche mit ca. 8-10 Stunden zu beziffern ist. 

Wer also plant, sich in der Kommunalpolitik zu engagieren, sollte sich darauf einrichten, fünf Jahre lang jede Woche ungefähr einen kompletten Arbeitstag für die Politik zu reservieren.

Donnerstag, 27. September 2018

Beigeordneter Neugebauer - Wie geht eigentlich Haushalt?


"Das bisschen Haushalt macht sich von allein"

Sagt mein Mann
"Das bisschen Haushalt kann so schlimm nicht sein"
Sagt mein Mann

Die wichtigste Aufgabe der Kommunalpolitik ist sicherlich die jährliche (mit der Ausnahme von Doppelhaushalten) Beratung und (möglichst) Verabschiedung des Haushalts der Kommune. Das Etatrecht ist ja bekanntlich das grundlegende Recht einer Volksvertretung. Ohne dieses Recht verkommt ein Parlament zu einer reinen Quasselbude ohne tatsächliche Macht. Daher ist es auch bei der kommunalen Selbstverwaltung das Recht des Rates, den Haushalt zu beschließen und zu kontrollieren. 

Nun ist das aber auch nur die halbe Wahrheit. Der weitaus größte Teil der Mittel, die eine Kommune jährlich aufwenden muss, ist gesetzlich gebunden und steht nicht zur Disposition. Dieses kann bis zu 95% der gesamten Haushaltsmasse betragen. Frei gestalten, im Rahmen, kann also die Politik höchstens über die restlichen ca. 5% der Mittel, die aber teilweise auch als freiwillige Leistungen langfristig gebunden sind. 

Aber, wie funktioniert das eigentlich, auf kommunaler Ebene einen Haushalt aufzustellen? 
Hier kann man eigentlich sagen, nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt. Eigentlich ist immer Haushalt. Irgendwie. So hat ja auch fast jeder Beschluss, der in den Gremien beschlossen wird, am Ende etwas mit Haushaltsmitteln zu tun.


Im Frühjahr und vor der Sommerpause melden die einzelnen Fachdienste und -Bereiche ihren Haushaltsbedarf bei der Stadtkämmerei an. Diese Anmeldungen stützen sich auf den Erfahrungen aus den Vorjahren und den zu erwartenden Aufgaben. Ferner werden die Stellenanforderungen und der Investitionsbedarf angemeldet. Zusammen mit den Entscheidungen der kommunalen Vertretung hat jetzt die Kämmerei die undankbare Aufgabe, hieraus einen genehmigungsfähigen Haushaltsentwurf zu erarbeiten. 

Dieser Entwurf wird jetzt ungefähr vier Wochen vor Beginn der eigentlichen Haushaltsberatungen an die Abgeordneten der jeweiligen Vertretung verschickt. Das kann in rein digitaler Form, als gebundenes Buch oder auch als Loseblattsammlung im Aktenordner sein. Dieser Entwurf, zusammen mit dem Stellenplan, gegebenenfalls einer Liste mit Zuschüssen für Vereine und NGOs und weiteren Unterlagen, wird jetzt zum Gegenstand der Beratungen in den einzelnen Fraktionen und Gruppen. Hierbei probiert natürlich jede politische Gruppierung eigene Schwerpunkte heraus zu arbeiten und über Ergänzungen und Änderungen in die Haushaltsberatungen einzubringen.

Grundsätzlich teilt sich ein Entwurf in zwei Bereiche auf:

  1. Der Investitionsteil 
    Hierbei handelt es sich um den Teil der Mittel, mit denen in die Infrastruktur der Kommune investiert werden soll, also z.B. Kindergärten gebaut oder Straßen erneuert werden sollen. Für diesen Bereich ist es erlaubt, Fremdmittel aufzunehmen, um diese Investitionen zu finanzieren, allerdings dürfen diese Mittel nur in der Höhe aufgenommen werden, in der eventuelle laufende Kredite während dieser Haushaltsperiode getilgt werden.
  2. Der laufende Betrieb der Verwaltung
    Hier sind alle Mittel zusammengefasst, die der Verwaltung für das kommende Finanzjahr zur Verfügung stehen, um ihre gesetzlichen und freiwilligen Aufgaben zu bewältigen. Wenn wir also im ersten Teil unser Haus finanziert haben, haben wir in diesem Bereich unser Haushalts- und Taschengeld. Und wie zu Hause auch, muss am Ende dieser Teil des Haushalts ausgeglichen sein, d.h. Einnahmen und Ausgaben müssen sich die Waage halten beziehungsweise müssen die Einnahmen die Ausgaben übersteigen, so dass eine sogenannte freie Spitze entsteht.

© SWK Herford
Die eigentlichen Beratungen beginnen üblicherweise im Herbst mit den Festsetzungen der Gebühren für Leistungen der Stadt im nächsten Haushaltsjahr. Dieses geschieht im Allgemeinen ohne große Diskussionen und ist auch selten ein Thema für Haushaltsreden, da sich die Festsetzung der Gebühren gesetzlich regelt und diese auch nicht ohne weiteres frei verhandelbar sind. Wichtiger sind hier die Höhen der Kommunal zu erhebenden Steuern, wie z.B. die Grundsteuer A und B, die Gewerbesteuer oder auch die Hundesteuer. Dieses sind Abgaben, die vom Rat bestimmt werden können, während andere Steuern, wie die Mehrwertsteuer, die Einkommenssteuer oder auch die Kirchensteuer vom Bund oder den Ländern festgelegt werden und die Kommune hier einen Teilbetrag zugewiesen bekommt.

Aus welchen Mitteln generieren sich jetzt die Einnahmen einer Kommune?

Zum einen hat jede Gemeinde, wie schon ausgeführt, Einnahmen aus Steuern und Gebühren. Diese belaufen sich z.B. in Delmenhorst im Jahr 2018 auf insgesamt ca. 64.080.600 Euro. Hinzu kommen Zuweisungen vom Land Niedersachsen, Kostenerstattungen, Entgelte und Sondereffekte in Höhe von 191.032.100 Euro. Die restlichen Mittel setzen sich aus Gewinnabführungen städtischer Tochtergesellschaften, Konzessionsabgaben, Verwaltungsgebühren und Bußgeldern zusammen, so dass insgesamt ein Haushaltsvolumen von ca. 262.000.000 Euro zur Verfügung steht. Dagegen steht eine aktuelle Verschuldung der Stadt Delmenhorst in Höhe von 139.786.000 Euro, die allerdings zum größten Teil aus Krediten für Investitionen, also vergleichbar mit einer Hausfinanzierung, bestehen.

Von den zur Verfügung stehenden Haushaltsmitteln entfallen alleine 57.500.000 Euro oder ca. 22% auf die Personalkosten der Stadt Delmenhorst. 73.000.000 Euro oder 28% der Mittel entfallen auf Sozialleistungen, wobei hier nur ca. 50% vom Bund oder dem Land gegenfinanziert werden.

Nach den Beratungen über die Gebührenordnung folgen die Sitzungen der einzelnen Fachausschüsse, die jeweils über ihre Etatposten verhandeln und eine Beschlussempfehlung abgeben. Häufig kommt es hier zu Enthaltungen oder Gegenstimmen von Fraktionen, die sich die entgültige Zustimmung oder die Ablehnung des Haushaltsentwurfs offenhalten wollen. Häufig liegen zu diesem Zeitpunkt auch sogenannte Änderungslisten vor, auf denen die Verwaltung "Last-Minute"- Änderungen am Haushaltsentwurf vorschlägt.

(c) Stadt Pforzheim
Wenn die Beratungen der einzelnen Haushaltsbereiche abgeschlossen sind, tagt üblicherweise der Hauptausschuss ( in Delmenhorst heißt dieser Verwaltungsausschuss ) und / oder der Finanzausschuss, so es einen in der Gemeinde gibt. Hier werden noch einmal die einzelnen Änderungen am Haushaltsplan zusammengefasst und der komplette Entwurf zur Abstimmung gebracht. 

Zum Abschluß der Sitzungen findet das die Haushaltssitzung der kommunalen Vertretung statt. Hier finden sich dann im Allgemeinen ein Statement des Hauptverwaltungsbeamten / -beamtin und die Haushaltsreden der einzelnen Fraktionsvorsitzenden. Eine inhaltliche Beratung der einzelnen Posten findet hier in der Regel nicht mehr statt, höchstens letzte Änderungen werden noch beraten.

Nach erfolgter Zustimmung geht der beschlossene Entwurf zur Kommunalaufsicht, die hier das letzte Wort hat, bevor die endgültige Genehmigung erfolgt. Erst nach dieser Freigabe dürfen die Haushaltsmittel gemäß der Beschlüsse herangezogen werden.

Freitag, 21. September 2018

Briefmarken sammeln - Teil 4

So, nun stehen wieder einmal Wahlen vor der Tür und das sollte doch Anlass genug sein, einmal wieder das Briefmarkenalbum aufzuklappen.

Anfangen wollen wir heute mit einer kleinen Sammlung von Beispielen aus dem Slogangenerator 1.0, der leider nur einen Satz erzeugen konnte: "Fortschritt statt Stillstand". Da diese ältere, noch DOS-Basierte Version der Software inzwischen als Freeware vorliegt, bedienen sich hier alle Parteien. Zumindest die grafische Gestaltung machen anscheinend noch anderen Tools - sonst würde das ja unter Umständen noch jemand verwechseln.


 Weiter geht es, mal wieder mit der FDP, die auch in dieser Folge mehrfach vertreten ist. Es muss doch einfach etwas geben, dass genau so schlimm ist, wie kein Netz zur Verfügung zu haben. Mal überlegen, was hat den auch vier Buchstaben und ist doof?  Fett - hatten wir schon. Kohl? War in der CDU, auch doof. Pest - Ja, Pest ist toll. Beulen habe ich jetzt auch, allerdings am Kopf, vom auf den Tisch schlagen.
Also, auf meinem Eis steht keine Bonsaikuh. Das wäre auch für alle Beteiligten ein wenig schwierig. Erst einmal entsteht bei Ablecken einer Kuh ein unerwünschter, pelziger Geschmack auf der Zunge. Dann schmeckt Kuh ein wenig nach - Rind. Und dann bekommt ja das arme Tier kalte Füße und möchte eigentlich auch nicht abgeschleckt sein. Insgesamt also ergibt sich, dass es keinen Markt für Kühe auf Eis gibt, es also keine Leistung ist, die Kuh vom Eis zu nehmen. Vielleicht wäre ein besserer Slogan "Wir malen die Schimmel weiß an".
Es gibt ja Dinge, die sind so absurd, dass man es kaum glauben kann. Gespannt wären wir, ob es einen Stream von dem Event gibt. Die örtliche Presse sollte ja unter Umständen auch ein gewisses Interesse gehabt haben."Stadtrat läßt die Hose runter" - "Die nackte Wahrheit", hach ich könnte stundenlang Schlagzeilen erfinden. Und wer mehr wissen möchte: Es gibt sogar ein Promovideo.
Lieber Herr Samitz, 
wenn Sie auf ihrem PC Texte erfassen, dann gibt es diese lustige Funktion, die sich "Rechtschreibprüfung" nennt. Die macht dann diese ulkigen roten Kringel unter ihren Tippfehlern. Haben Sie das schon einmal ausprobiert? Ich würde ihnen das ja gerne mal empfehlen, bevor Sie wieder mehrere hundert Plakate drucken lassen, die einfach zum Fremdschämen einladen. Und da Sie als Listenkandidat auf Platz 55 wohl eher keine Chance auf ein Mandat und damit viel Kohle haben, selbst jede Open Source Textverarbeitung bietet dieses Feature.
Ach, Alfred. Was soll ich als Wähler denn jetzt nur mit dieser Botschaft anfangen? Ich meine, du läufst mit einem vermeintlich werbefinanzierten Hoodie durch die Gegend, siehst eher aus wie ein sich auf ein FDP-Wahlplakat verirrter Pirat aus und probierst jetzt auch noch mit einem nur Nerds etwas gebenden Slogan zu punkten. Wie soll das denn gehen? Über 99% aller potentiellen Wähler können doch mit "Comic Sans" nichts anfangen, geschweige denn verstehen sie die Botschaft dahinter. Mein Tipp: Es wird auch nach der Wahl bei Dir nicht für Anzug und Krawatte, wie es von der FDP erwartet wird, reichen. Und ein Protipp hinterher: Probiere doch nächstes Mal für die Fotos ein wenig zu lächeln. Ein "Ein-Finger-Lächeln" würde ja schon reichen. Dann bekommst du wenigstens ein paar Stimmen von denen, die in Bayern auf Hamburger Szene Look stehen.
Und zu guter Letzt, auch wenn es kein Wahlplakat ist, ist dieses Bild doch so gut, dass es keiner weiteren Kommentierung bedarf.

Samstag, 30. Juni 2018

Von Brötchentasten und dem Klima

CC0 von Pixabay
Der Rat der Stadt Delmenhorst hat auf seiner letzten Sitzung vor der diesjährigen Sommerpause beschlossen, die Stelle eines Klimaschutzmanagers, bei gegebener Finanzierung durch Fördergelder, wieder zu besetzen. Leider wurde diese Stelle ja im Rahmen der Nachtragshaushalts zur Rettung unseres Krankenhauses gestrichen, was wir als Gruppe auch seinerzeit stark kritisiert haben. Es war aber auch seinerzeit so, dass wir zum einen diesen Nachtrag nicht einmal eine Woche vor der Beschlussfassung kannten und die Vorlage auch nur im Paket mehrheitsfähig war.

Im selben Nachtragshaushalt wurde auch die so genannte "Brötchentaste" abgeschafft, die es bisher erlaubte bis zu einer Stunde kostenlos auf ansonsten kostenpflichtigen Parkplätzen zu parken. Angeregt wurde diese Regelung, wie ja immer wenn es ums kostenlose Parken geht, von der FDP. Wenigstens ein Thema hat die örtliche FDP für sich entdeckt und jetzt gerade wieder beantragt.

Was haben diese beiden Dinge jetzt miteinander zu tun? Nichts, denkt man erstmal. Auf der einen Seite soll eine Stelle neu besetzt werden, die sich mit den Folgen des Klimawandels für unsere Kommune auseinandersetzt und probiert diese möglichst beherrschbar zu machen und darauf hinwirken soll, den stattfindenden Klimawandel durch kommunale Maßnahmen ein klein wenig abzuschwächen. Sicherlich hatte der bisherige Klimaschutzmanager Probleme mit der Definition seiner Aufgaben und dem Standing in der Verwaltung, daran muß gearbeitet werden, keine Frage. 
Auf der anderen Seite: Weniger Einnahmen durch weniger Parkgebühren und Bürger, die eine Stunde kostenlos parken können. Der ortskundige Autofahrer findet allerdings immer einen kostenlosen Parkplatz in der City. Sei es auf den Graftwiesen, Wochentags nach 16:00 Uhr beim Amtsgericht, Nachmittags beim Willmsgymnasium oder mit der Parkscheibe auf dem Bismarkplatz - irgendwo ist immer etwas frei.

Es geht hier aber darum, wie man Politik und auch gerade Kommunalpolitik versteht. Geht es hier um Egos, um den Austausch von "Erfolgen" und die Selbstdarstellung - dann sind diese Themen miteinander verwoben. Geht es darum, für den Zeitraum indem man Ratsmitglied ist, etwas für die Kommune zu erreichen und langfristig die Zukunft der Stadt zu sichern, dann ist das eine Thema existenziell und das andere eine Sache, die man machen kann, wenn alles andere stimmt.  So muss nun jeder für sich entscheiden, wie er Politik machen will. Ich habe meinen Weg definiert - und der hat nichts mit Brötchentasten zu tun.