Ein Politiker in Delmenhorst

Ansichten, Vorschläge, Meinungen und alles andere was einem Politiker in Delmenhorst einfällt.

Freitag, 21. August 2020

Ein neuer Hafen

Mit meinem vorherigen Post hatte ich ja, mit ziemlich deutlichen Worten, meinen Austritt aus der bisherigen Gruppe SPD & Partner erklärt. Über die Gründe wurde genug geredet, wer will kann das hier im Blog nachlesen. Es hat sich jetzt in den vergangenen Tagen ergeben, dass ich lange nicht der Einzige bin, der das Verhalten der SPD in Delmenhorst für unerträglich hält und so gibt es seit gestern Nachmittag eine neue Fraktion im Delmenhorster Stadtrat. Als "Delmenhorster Liste" wollen wir die gute, sachorientierte Politik der vergangenen Jahre fortsetzen, ohne dass wir uns weiter von den Intrigen der örtlichen SPD beeinflussen lassen. 

Bevor ich hier in die Zukunft schaue, möchte noch einen Blick zurück werfen und zwei Dinge klar stellen:

1. Bei meinem Austritt aus der Gruppe SPD & Partner ging es nicht um die Tatsache, dass die SPD eine bestimmte Kandidatin für die Wahl zum Oberbürgermeister nominieren möchte. Das ist das Recht der SPD und es steht mir nicht zu, dass zu kritisieren. Wählen muss ich diese Person ja schließlich nicht. Aber: Die Art und Weise, wie mit der Interessenbekundung der damaligen Fraktionsvorsitzenden der Gruppe umgegangen worden ist, die üblen Gerüchte, die gestreut worden sind und die fehlende Wertschätzung für andere Menschen durch führende SPD-Mitglieder in Delmenhorst, diese Gründe haben zu diesem Entschluss und den klaren Worten geführt. 

2. Wir haben in der Gruppe die vergangenen vier Jahre eine sehr gute, erfolgreiche und in weiten Teilen vertrauensvolle Arbeit geleistet. Wir haben die wichtigen Entscheidungen für die Stadt, wie die Rettung des Krankenhauses, maßgeblich geprägt und hatten einen guten Output. Es war also nicht alles schlecht. Damals.

Das soll als Retrospektive hier reichen. Warum also eine neue Fraktion? Es hat sich ergeben, dass ich nicht der einzige bin, der das Verhalten der SPD für suboptimal hält und auch andere Fraktionsmitglieder der ehemaligen Gruppe SPD & Partner sich dazu entschlossen haben, der Partei und Fraktion den Rücken zu kehren. Gemeinsam wollen wir jetzt die sachorientierte und produktive Arbeit fortsetzen. 

Allerdings wollen wir auch andere Schwerpunkte setzen, so soll die Arbeit deutlich offener werden, es wird also öffentliche Fraktionssitzungen geben. Wir wollen ansprechbarer und erlebbarer werden, es wird also Termine geben, zu denen wir im ungezwungenen Rahmen präsent sein werden, um wieder miteinander ins Gespräch zu kommen. Und wir wollen die Kommunalpolitik abseits von Parteien wieder für interessierte Bürger öffnen. Alle sind herzlich eingeladen, dazu zu kommen, sich einzubringen und einfach mitzumachen. Selbst wenn es jemanden nur um ein oder zwei Themen geht und man danach wieder ins Private zurückkehren will, wir haben immer ein offenes Ohr. 

Da wir aber alle zusammen auch noch viele Ideen haben, soll das Projekt auch über 2021 hinaus weitergehen. Wir planen heute mit einer offenen, überparteilichen Liste zur Kommunalwahl im nächsten Jahr anzutreten. Denn es gibt noch soviel für unsere Stadt zu tun, sei es die Begleitung des Neubaus des Krankenhauses, die Entwicklung der Innenstadt, des Nordwolle- oder Pulterngeländes, die Sanierung der Schulen und Sporthallen, die Schaffung von Kita- und Krippenplätzen, der zunehmende demografische Wandel oder auch die coronabedingten Probleme - das sind alles Themen, die angegangen und gelöst werden müssen. Und da wollen wir dabei sein und unseren Beitrag leisten. Und vielleicht ja zusammen mit dem einen oder anderen Leser dieses Blogs.

Brechen wir also auf zu neuen Ufern.

Montag, 10. August 2020

Mein Austritt aus der Gruppe SPD & Partner

Für den geneigten Leser und zur Dokumentation, hier mein Schreiben vom heutigen Tage an die restlichen Mitglieder der Gruppe SPD & Partner im Stadtrat.

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

einige werden sich freuen, das hier zu lesen und einige, wenige es bedauern: Ich verlasse mit sofortiger Wirkung die Gruppe SPD & Partner, so dass es zukünftig wieder eine reine SPD-Fraktion im Stadtrat geben wird. Ich will Euch zum Abschied noch kurz darlegen, was meine Motivation für den jetzigen Schritt ist. Dafür möchte ich einmal kurz in die Vergangenheit schauen. Ich bin 1988 in die SPD in Delmenhorst eingetreten und war voller Tatendrang, zusammen mit den Genossinnen und Genossen vor Ort Dinge zu erreichen und zu ändern. Anfang der 2000er Jahre bin ich dann komplett desillusioniert ausgetreten, einer der Gründe waren die Hartz-Regelungen, aber der andere Grund war die Art und Weise wie die SPD in Delmenhorst mit ihren Leuten umgeht. Die Liste der parteiinternen Kämpfe ist lang, die der Opfer und beschädigten Menschen umso länger. Nie ging es darum, wer welche Qualifikation für ein Amt oder Mandat beibringen kann, immer nur um den Stallgeruch, den richtigen Ortsverein. Das Motto der SPD in Delmenhorst war immer: “Management by Champignons”  - Wenn sich ein Kopf hervor tut, wird er abgeschnitten. 

Nun darf ich ja seit 2016 das Innenleben der SPD in Delmenhorst hautnah, als Beobachter, wieder miterleben. Und was soll ich sagen, nichts, aber auch garnichts hat sich verändert. Es gibt immer noch die Lager, die ihre “Machtbasis” argwöhnisch verteidigen, sei es die unsägliche Baumstrassenfraktion, die Bungerhofconnection oder auch die de la Lanne-Gruppe, keiner gönnt den anderen auch nur das Schwarze unter den Fingernägeln. Unsolidarisch, unfair und teilweise Menschenverachtend wird miteinander umgegangen, das beste Beispiel ist, wie der aktuelle Unterbezirksvorstand mit der Kandidatur von Bettina Oestermann als Oberbürgermeisterin umgegangen ist. Hier wurden alle fiesen Tricks ausgegraben, die der Politikzirkus zu bieten hat. Das ekelt mich an. 

Natürlich kann man zu einer Kandidatur stehen wie man will, aber gerade innerhalb der SPD, die ja immer auch die Solidarität einfordert, sollte man doch fair miteinander umgehen. Und das war hier definitiv nicht der Fall. Daher habe ich mich entschieden, dieser Partei meine Arbeitskraft nicht mehr zur Verfügung zu stellen. Ich bin mir sicher, ihr werdet das verschmerzen können. Leider kann ich meinen Austritt aus der SPD nicht parallel vornehmen, aber ihr könnt euch sicher sein, emotional mache ich das gerade.

Also, mit “solidarischen” Grüßen, macht es gut und bitte, reflektiert ein einziges Mal euer Verhalten

--Andreas